Dies war keine gute Woche für die Demokratie. Der Bundestag lehnte in einer namentlichen Abstimmung mit den Stimmen der GroKo in dieser Woche gleich vier Anträge der Opposition ab. Diese zielten darauf ab, zum einen das Transsexuellengesetz (TSG) so zu reformieren, dass die Selbstbestimmung endlich Einzug erhält, zum anderen die Ergänzung des Gleichbehandlungsartikels des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 GG) um ein Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Identität zu erweitern. Auch dieser Versuch scheiterte.


Selbstbestimmung ist keine Fremdbestimmung

Man kann hergehen und sagen: “Was da steht, gilt doch für alle.”

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Das stimmt auch, aber, grundlegende gesellschaftliche Normen, wie das Diskriminierungsverbot, müssen in der Verfassung für alle Menschen gelten und sichtbar sein. Das gilt auch für die sexuelle Identität. Wir erleben nämlich ständig gegenteiliges.

namentliche Abstimmung im Bundestag
Namentliche Abstimmung im Bundestag (Bild: Achim Melde (Bundestag.de))

Die Selbstbestimmung für Trans* ist dank der SPD wieder abgeschmettert worden. Ganz große Kunst: Montag die Regenbogenfahne hissen, Mittwoch den Daumen senken, wenn es zur namentlichen Abstimmung zur “Aufhebung des Transsexuellengesetzes” und “Geschlechtliche Selbstbestimmung” kommt.
Wir müssen uns jetzt nicht über die Wortmeldungen von Beatrix von Storch (AfD) auslassen, die sind einfach nur unterirdisch, polemisch ohne fünf Gramm Verstand und Wissen um das was es geht.


TERF-Aktivistinnen: Den Trans-Train stoppen

Selbstbestimmung
Selbstbestimmung: My Body | My Choice


Mangelndes Wissen scheint nicht es nicht nur bei Beatrix von Storch zu geben. So beklagte Jens Brandenburg (FDP) dass behauptet wurde, der Vorstoß würde hormonellen Eingriffen an Kindern Vorschub leisten:

“Unser Gesetzentwurf behandelt Hormontherapien an keiner Stelle, vielmehr beinhalte er einen Artikel, der intergeschlechtliche Kinder vor medizinisch nicht notwendigen Operationen schützt.”

An anderer Stelle zitiert der CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Henrichmann eine schillernde Berliner Gutachterin, die trans*-Personen in einen nebulösen Zusammenhang mit Pädophilie stellt. Bemerkenswert ist diese obszöne Assoziation insofern, als einige Psychologen solche Verbindungen in für Betroffene unwürdigen Tests herbeifabulieren. Das Framing, Trans*-Personen als krank und potenziell gefährlich hinzustellen, verfängt also nicht nur bei der AfD.

Die rechtextreme AfD will den Kampf gegen „Gender-Ideologie“ zum Wahlkampf-Schlager machen, selbst im linksliberal geprägten Milieu versuchen TERF-Aktivistinnen, Eltern von Transjugendlichen zu verunsichern. So ruft Grünen-Kandidatin Eva Engelken dazu auf, „Elterninitiativen, Mütterblogs, Jugendorganisationen, Gewerkschaften“ mit dem Musterbrief „Den Trans Train stoppen“ zu bestücken.

(Berliner Zeitung)

Dem nicht genug. Alice Schwarzer schwurbelt in einem 10-seitigen Artikel in ihrer Zeitschrift Emma in bester Plattenbaumanier, berichtet von einer angeblichen Bedrohung von Frauen durch transidente Sexualtäter. Gegen aller Wahrheiten und Tatsachen, wird auch an der Geschichte gestrickt, dass eine standesamtliche Änderung des Geschlechtseintrags gleichbedeutend mit einem „Anspruch“ auf Kosten der Krankenkasse ist, sich die Brüste entfernen zu lassen. Trans*Männer könnten Alice Schwarzer, die rechtspopulistische Strömungen bedient, um die Auflage zu steigern, gänzlich andere Geschichten erzählen. Aber jene flüchten ja aus dem Frauenkörper, sind irregeleitet und den falschen Propheten aufgesessen. facepalm

Dies ist nur ein Bruchteil dessen, was die radikalen Feministinnen in die Schlacht werfen, um WAS abzuwenden?
Geht es nicht um uns und um unser ureigenste Recht der Selbstbestimmung über den eigenen Körper? Gehört mein Körper dem Staat, den TERFs? Wie viele TERFs, Feministinnen und (cis)-Frauen* gingen wegen des § 219a auf die Straße, machen sich für die Ärzt:innen stark die von Gerichtswegen wegen “Verbotene Werbung” mit einer Strafe belegt wurden?


Mein Körper gehört mir

(und niemand anderem!)

Blenden wir kurz zurück, als es um den §219a ging.

In der Debatte über Abtreibung plädiert die Journalistin Mithu Sanyal dafür, Bürgerinnen und Bürgern mehr Selbstverantwortung zuzutrauen.

Und warum spricht man uns die Selbstverantwortung für uns und unseren Körper ab? Fremdbestimmung ist scheinbar unser Los, denn Selbstbestimmung sieht anders aus. Aber, was für die alle Frauen gilt, gilt (auch) für Trans*Frauen, Trans*Männer, und Trans*Jugendliche und Trans*Kinder.

Wir lassen uns nicht aufhalten unsere Rechte einzufordern, schon gar nicht von populistischen Plattenbau-TERFs. girl_devil

Der Trans-Train, TEE 2.0, nimmt jetzt richtig Fahrt auf…

Bildernachweis: Deutscher Bundestag

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