10 Jahre vielbunt: Das Interview
Im Süden von Hessen ist der Regenbogen eine feste gesellschaftliche Instanz. Dies nicht nur, wenn der vielbunt-CSD in Darmstadt durch die Straßen zieht oder sich ein queerer Gedenktag ankündigt. Das ganze Jahr über weht in der Kranichsteiner Straße vor der Villa Oetinger in Darmstadt die Regenbohngen-Fahne. Dort herrscht reger Betrieb, ein Kommen und Gehen von queeren Menschen oder jene, die die Vielfalt unterstützen. Aber nicht nur queere Menschen aus Darmstadt und dem Kreis Darmstadt-Dieburg finden sich in der Villa ein, um sich auszutauschen, gemeinsam einen Schritt voranzukommen, auch von weiter her kommen die queeren Identitäten, wie aus Fulda, dem Odenwald, Worms oder Hanau.
Seit der Gründung 2010 haben sich eine Fülle von Aktivitäten ergeben, die von kulturellen Veranstaltungen (Filmreihen, Lesungen, Travestie, Schrill und Laut etc.), über Gruppenangebote (queere Jugendgruppe, Trans*-Gruppe, Elterninitiative etc.) und politische Aktionen (Christopher Street Day, Kiss-In gegen Homo- und Transfeindlichkeit am 17. Mai, Podiumsdiskussionen etc.) bis hin zu Aufklärungsprojekten (SCHLAU Darmstadt, AIDS-Gala etc.) reichen.
Anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Vereins habe ich die beiden Vorsitzenden von vielbunt, Alexander Arnold (1. Vorsitzender) und Heidi Schweitzer (2. Vorsitzende), in der Oetinger Villa zu einer kleinen Gesprächsrunde aufgesucht.
Im Gespräch mit Alexander Arnold und Heidi Schweitzer von vielbunt
Erst einmal Danke, dass ihr euch bereit erklärt habt, den Fragen zu vielbunt zu stellen. Fange ich mit Euch an.
Wie seid ihr beide zu vielbunt gekommen und wie war da euer Werdegang?
Heidi: Mein erster Kontakt mit vielbunt war im Jahr 2013 als Helferin beim CSD in Darmstadt. Ich hatte die Ankündigung dazu im Internet auf der Homepage von vielbunt entdeckt. Damals wohnte ich noch nicht in Darmstadt, aber durch eine Freundin, die auch helfen wollte, war ich mutig genug mich anzumelden. Die große Sichtbarkeit der queeren Community beim CSD war und ist für mich wichtig und diese wollte ich auch unterstützen.
Durch einen Besuch beim Treffbunt (ein regelmäßig stattfindender Stammtisch für alle queeren Menschen in Darmstadt) bin ich dann auch über die Arbeitsgruppe (AG) Kultur und Community weiter in die aktive Vereinsarbeit eingestiegen. vielbunt hat seit der Gründung viele Arbeitsgruppen, an denen sich alle interessierten queeren Menschen beteiligen können. Zum Beispiel habe ich auch den Weihnachtsmarkt-Stand von vielbunt als Helferin mitbetreut, unter anderem wurde dort der Zugang zum Verein und der AG Kultur und Community intensiviert. Zwei Jahre nach meinem ersten Helferinnendienst beim CSD war ich auch direkt zwei Jahre lang im AG-Leitungsteam der AG CSD und seit 2017 bin ich nun im Vorstand von vielbunt aktiv.
(Blick zu Alexander) Und wie war es bei Dir?
Alexander: Von vielbunt hörte ich zum ersten Mal in einer Umkleidekabine in einer Sporthalle in Frankfurt beim Fußball (https://www.fvv.org/). Damals, 2011, wohnte ich in Mainz und spielte Fußball in Frankfurt. Und ein Mannschaftmitlied erzählte mir von einer neuen queeren/schwulen Party im Schlosskeller in Darmstadt. Ich entgegnete ihm, dass die nicht neu ist, die gibt es schon immer. Aber er ließ sich da nicht beirren, erzählte davon, dass diese Party freitags durch einen neuen Verein neu aufgelegt wurde. Und so hörte ich zum ersten Mal von vielbunt.
Ich habe mir das dann angeschaut, verfolgte aber den Werdegang, dadurch dass ich nicht in Darmstadt wohnte, mehr aus der Ferne.
Den ersten CSD in Darmstadt verfolgte ich als Honorarkraft am Stand der Aids-Hilfe Hessen . In diesem Sommer bin ich dann auch zurück nach Darmstadt gezogen. vielbunt machte viel Werbung, suchte Unterstützer:innen für die CSD-Arbeitsgruppe und ein Jahr später saß ich dann im vielbunt-Vorstand.
So schnell geht das?
Alexander: Ja, so schnell geht das. Im richtigen Moment nicht Nein gesagt. Da ist der Dschungelbuch-Effekt: Wenn alle Elefanten einen Schritt zurückmachen, dann steht man vorne. (lacht). Ich bin zwar kein Gründungsmitglied, der Verein gründete sich 2010, aber ich bin noch im ersten Jahr dazugekommen. (schmunzelt).
Coronabedingt konntet ihr euer 10-jähriges Bestehen erst dieses Jahr feiern. Wo würdest du vielbunt heute verorten? Ihr seid ja der größte Verein in Hessen.
Alexander: Vielleicht der größte Community-Verein. Mir fällt da momentan niemand ein. Wir haben mittlerweile 10 verschiedene Arbeitsgruppen, wobei Arbeitsgruppen nicht das richtige Wort ist. Jede dieser Gruppen stellt etwas auf eigene Beine, organisiert Events und Veranstaltungen. Und da stoßen nochmals Menschen dazu. Der Name vielbunt trifft schon den Punkt – es sind viele und es ist bunt. Während der letzten eineinhalb Jahre haben wir uns während der Pandemie ein wenig voneinander entfernt. Das war überall auszumachen.
Wir hatten kürzlich eine Mitgliederversammlung, und da war es wieder toll, zu sehen was all die Menschen für den Verein machen. Man nimmt es zwar auf der Homepage und in den sozialen Netzwerken wahr, aber viel zu oft huscht es, durch die Größe des Vereins bedingt, an einem vorbei.
Und wie koordiniert ihr die Gruppen?
Alexander: Wir teilen das durch Arbeitsgruppen und Arbeitskreise auf. Die Leitung der einzelnen Arbeitsgruppen tauscht sich dann mit dem Vorstand aus. Das erfolgt recht zwanglos hier im Queeren Zentrum. Man trifft sich, tauscht sich aus, hält Kontakt über die digitalen Schnittstellen zu den Mitarbeiter:innen, die auch viel mitbekommen.
Wenn ihr die letzten 10 Jahre auf vielbunt zurückblickt, was war für Euch der tiefste Punkt?
Heidi: Für mich war es die Pandemie. Einiges lief gerade an und dann war Stillstand. Was passiert da? Wir mussten erst mal schauen und uns überlegen: Was können wir noch machen, was können wir anbieten, was geht noch und vor allem WIE geht es? Wie können wir das umsetzen?
Für mich kam dann relativ schnell die Kreativität zurück und die war auch zu spüren, durch die kreativen Köpfe der Community. Darunter waren auch ganz abstrakte Ideen, wie digitales kochen. Das hat nicht so gut geklappt. Man kann sich eher digital unterhalten, aber nicht kochen. Das war eine Idee, und warum nicht ausprobieren?
Alexander: Geht mir ähnlich. Einen wirklichen Tiefpunkt kann man wenn, dann wirklich nur die Pandemie bezeichnen, denn das, was den Verein ausmacht, nach außen für unsere Rechte eintreten und kämpfen, war nicht mehr. Begegnungen im Verein, das miteinander mit und während der Veranstaltungen, das Gefühl von Community fiel weg. Das war und ist nicht mehr schön. Viele können nur hier ihre geschlechtliche Identität oder ihre sexuelle Orientierung in diesem Raum offen ausleben. Aber das war aber auch Motivation. Man macht dann trotzdem weiter, organisiert immer wieder eine Zoom-Veranstaltung, obwohl man selbst am Limit ist, weil man auch beruflich nur noch digital über Kamera Homeoffice betreibt.
Wenn wir an Punkten waren, wo wir merkten, wie müssen Dinge anders machen, wo es auch mal untereinanderer richtig geknallt hat, denn wir hatten nicht immer diese Räume in der Oetinger Villa zur Verfügung, haben uns privat getroffen, dann haben wir uns zusammengerauft und dadurch wurden neue Energien freigesetzt. Einen Tiefpunkt, wo man in den Abgrund schaut, habe ich mit vielbunt zum Glück noch nicht erlebt.
Du hast die Zeit angesprochen, wo ihr noch nicht die Räume in der Oetinger Villa hattet. Darum beneidet man Euch, nicht nur hessenweit.
Alexander: Zu recht (lacht).
Wiesbaden hat nun eine Queeres Zentrum als Verein, aber noch keine Hütte.
(Erheiterndes Lachen in der Runde)
Heidi: Das war ja bei uns nicht anders. Erst kam der Verein, dann die Hütte. (lacht)
Alexander: Das wir heute diese Räumlichkeiten haben, war Glück, maximale Flexibilität und vor allem harte Arbeit. Wir hatten keine eigenen Räume, aber andere Vereine in Darmstadt stellten ihre Räume uns zur Verfügung. Dort konnten sich alle 14 Tage die Jugendgruppe und unsere Arbeitsgruppen treffen. Ansonsten blieben und dann Bars, Restaurants und ähnliches. Wir hatten aber keinen Lagerraum für unsere Sachen, waren dann an dem Punkt angekommen, wo wir merkten, wir wollen mehr, aber stoßen an unsere Grenzen.
Wir sind dann an die Stadt herangetreten, erklärten den Verantwortlichen was wir brauchten. Und dadurch, dass wir durch unsere Jugendarbeit vom Hessischen Jugendring als „Träger der Jugendhilfe“ haben anerkennen lassen, hat dann die Stadt das „Queere Jugendzentrum“ ins Spiel gebracht. Der Deal war dann, die Stadt übernimmt die Trägerschaft des „Queeren Jugendzentrum“ und wir dürfen die Räumlichkeiten fürvielbunt mit seinen Angeboten mitbenutzen. Es war aber nicht so, das wir auf die Räumlichkeiten gedeutet haben „die hätten wir gerne“, sondern die Räume waren frei und wir zur rechten Zeit am richtigen Ort. Reines Glück.
Dann kam der Bürgermeister, hat euch die Schlüssel der Villa in die Hand gedrückt und gemeint „Macht was draus“?
Alexander: Der Magistrat, vertreten durch die damalige Sozialdezernentin, die heute Bürgermeisterin ist, war uns gewogen. Es fanden längst nicht alle im Magistrat gut, hinterfragten auch die Notwendigkeit eines Zentrums. Aber, wir hatten gute Fürsprecher:innen.
Wir haben dann ein Konzept ausgearbeitet: Wie bekommt man ein „Queeres Jugendzentrum“ und den Verein vielbunt unter einem Dach zusammen? Das Ganze muss ja auch auf ehrenamtlicher Basis, als basisdemokratischer Verein koordiniert werden. Die Leute müssen mitgenommen werden und auch die Arbeitsgruppen, die auch ihre Bedürfnisse haben. Das klingt nun nach viel Arbeit, aber es hat vor allem auch Spaß gemacht. Wir haben gesehen, es entsteht was.
Wir haben dann weitere Fördergelder bekommen, denn das Jugendzentrum musste auch betreut werden. So wurden Stellen ausgeschrieben, hinzu die Ehrenamtler:innen und auf einmal ist man Chef, muss Leute bezahlen, damit die ihre Miete bezahlen konnten und etwas zum essen im Kühlschrank haben.
Ich erlaube euch jetzt, auf hohem Niveau zu jammern und zu klagen. Wo seht ihr Defizite in der Darmstädter Gesellschaft oder auch in der Community?
Heidi: Wir sind zwar hier in Darmstadt gut aufgestellt, trotzdem gibt es unschöne Begegnungen, Anfeindungen, auch unter den Jugendlichen, die von außerhalb nach Darmstadt kommen und zur Schule gehen. Wenn ich mit meiner Frau durch die Stadt gehe, bekommen wir hin und wieder schon so manchen Spruch zu hören. Durch meine Schwerhörigkeit bekomme ich das nicht so mit, Beate, meine Frau eher. Darmstadt ist zwar durch vielbunt viel liberaler als vielleicht ein Dorf im Hinterland, aber Defizite sind noch vorhanden, wir haben noch längst nicht alles erreicht. Das Selbstverständnis, der selbstverständliche Umgang mit den vielfältigen Formen des queeren Zusammenlebens, ist meines Erachtens noch nicht vorhanden. Das betrifft die Gesellschaft wie auch die Community.
Mein Arbeitgeber, die TU, organisiert ganz viel zum Thema Vielfalt, und trotzdem gibt es dort auch Szenarien, bei denen ich dann als queere Frau mir Dialoge anhören muss, die mich sprachlos machen. Wie kann das sein in dieser Zeit?
Wir sind noch nicht mal dort, wo wir sein könnten, trotz vielbunt. Es muss weitergehen. Es kann nicht sein, dass wir uns hier verstecken, sagen: „Wir haben unseren safe spaces und das, was da draußen passiert, interessiert uns nicht mehr.“
Alexander: Genau. Das war uns auch immer wichtig. Ein Vorwurf, der dann auch kam: „Ihr kämpft für eine offene, akzeptierende und tolerante Gesellschaft und dann versteckt ihr euch hier.“
Aber ein Schutzraum ist was anderes als verstecken. Und das was Heidi gesagt hat, das können unsere Jugendarbeiter:innen im Jugendzentrum bestätigen. Homo- und Transfeindlichkeit gibt es zu Genüge auf den Schulhöfen. Eine queere Person, oder ich als schwuler Mann, muss mir auch in Darmstadt schon vorher Gedanken machen, gehe ich da und da hin, kann ich jetzt Sprüche wegstecken oder nicht? Unsere Aufkleber und Plakate werden abgerissen, das ist in Darmstadt nicht anders als in anderen Städten auch.
Obwohl ihr schon so präsent seid?
Alexander: Darmstadt ist eine offene und liberale Stadt. Ich spreche jetzt für mich: Ich lebe gerne hier und ich muss hier auch keine Angst haben. Da sieht es in anderen Städten in Deutschland schon anders aus. Wir müssen auch nicht um unserer Queeres Zentrum Angst haben, wie andere Menschen in Europa, dennoch ist noch längst nicht alles gut. Wichtiges Ziel ist immer noch: Die Menschen sollen dort leben wo sie wollen und wie sie wollen – ohne Ängste und nicht das Queere Zentrum als Zuflucht sehen.
Kommen wir zu euren Arbeitsbereich bei vielbunt. Heidi, für was bist du zuständig?
Heidi: Wir haben in unserem siebenköpfigen Vorstand Schwerpunktaufgaben. Was auf der Homepage steht, ist ein Teil der Vorstand-Schwerpunktaufgaben. Darüber hinaus bin ich auch in der Arbeitsgruppe „Kultur und Community“ und im Arbeitskreis „Queere Bildung und Politik“ aktiv. Dieser Arbeitskreis kümmert sich um Postings, Erinnerungstage oder startet auch einen Aufruf zu einer Gegendemonstration. Seit etwa einem Jahr gibt es dann noch den monatlichen „Ladies Talk“ am Samstagabend.
Alexander: Das ist manchmal nicht zu trennen. Man ist nicht nur Vorstand, sondern auch Mitglied wie auch ehrenamtlicher Mitarbeiter oder ehrenamtliche Mitarbeiterin. Vieles sieht man so gar nicht. Wir haben z.B. Mitarbeiter:innen die netzwerken mit der Stadt Darmstadt oder dem Land Hessen. Das wichtigste für den Vorstand ist, dass der Laden läuft und das er zusammenbleibt. Ansonsten sind wir ehrenamtliche Mitarbeiter:innen, engagieren uns dort, was für uns wichtig ist. Heidi beim „Ladies Talk“, ich bin nach wie vor in der Arbeitsgruppe „CSD“ aktiv.
Kleine Nachfrage: Der CSD ist ein eigenständiger Verein?
Alexander: Nein, der CSD gehört zu vielbunt. Es gibt keinen extra Verein für den CSD in Darmstadt.
Heidi: Du kannst dir das so vorstellen: Der Vorstand ist das Dach und darunter befinden sich ganz viele Arbeitsgruppen oder Organisationseinheiten, wenn ich das mal so formuliere (Alexander nickt zustimmend). Eine Gruppe kümmert sich um den CSD, eine andere Gruppe kümmert sich um die sportlichen Belange. Wir haben auch eine „Eltern-Kind“ Gruppe „Kim und Alex“, die Kerstin leitet. Und durch den großen Einzugsbereich haben sich schon über 100 Familien eingefunden. Das alles ist auch auf unserer Homepage zu finden. Es soll aus Themen, die gerade aktuell sind, etwas entstehen.
In der Kinder- und Jugendarbeit entstehen Gruppen wie Jungs* und Mädels*, sowie die Jugendgruppe „trans* egal“ und „trans* formers“, hier treffen sich junge Transmenschen, um sich auszutauschen. Diese Themen sind aber in der hauptamtlichen Jugendarbeit verankert. Zusätzlich gibt es hier noch eine von vier hessischen LSBTIQ*-Netzwerkstellen, das LSBTIQ* Netzwerk-Südhessen. Das Netzwerk kümmert sich um das Umland und stärkt die ländlichen Regionen.
Was wünscht ihr euch für die nächsten 10 Jahre, für Darmstadt, die queere Community?
Heidi: Vor allem, dass die Pandemie ein Ende findet. Das ist ein großer Wunsch von mir, denn die Pandemie macht für mich, die gerne den Weg der Mitte wählt, vieles kompliziert. Für die Zukunft: Das es weitergeht, dass wir viele motivierte und engagierte Menschen finden, die vor allem mitmachen wollen, nicht nur konsumieren. Das finde ich ganz wichtig: Menschen, die Ideen haben, ein Zeitbudget mitbringen und den Verein bereichern wollen, denn es passiert nichts von alleine. Es sind ehrenamtlich engagierte Menschen, die uns dahin gebracht haben, wo wir jetzt sind. Und ich wünsche mir, dass wir weiterhin viele motivierte Menschen im Verein haben die sich für die queere Community in Darmstadt und darüber hinaus engagieren wollen. Alle sind herzlich eingeladen bei uns mitzumachen.
Alexander: Ich schließe mich dem an, wünsche mir, in neun Jahren 20 Jahre vielbunt zu feiern. Das würde mich sehr freuen (lacht ein wenig). Dann hoffe ich, dass wir gut aus dieser Pandemie rauskommen und dass die nachfolgende Generation – ich bin nun 10 Jahre im Vorstand – , weiter eine gute Balance zwischen Aktivismus auf der einen und Community-Arbeit auf der anderen Seite, findet. Das ist, so glaube ich, dass was den Verein so bekannt hat werden lassen. Das ist uns, denke ich, ganz gut gelungen. Flagge zeigen, dort laut sein, wo andere verstummen es nicht für wichtig finden, die Stimme zu erheben. Aber auf der anderen Seite darauf achten, dass der Community-Aspekt nicht verloren geht. Es ist wichtig, das wir Dinge machen, wo wir uns wohl fühlen, wo wir wir sein und feiern können. Und zwischen diesen Dingen die Balance finden und halten. Das wünsche ich unseren Nachfolger:innen.
Danke Alexander. Heidi an dich letzte Frage unserer Runde: Was planst du mit den Ladies noch alles?
Heidi: Ganz viel natürlich. (lacht) Wir planen im Wechsel den Online-Talk weiter zu führen, um die überregionale Vernetzung nicht zu verlieren. In Anbetracht der Coronazahlen wird es auch schwieriger mit “Live”-Treffen in Darmstadt. Wir haben im Organisatorinnen-Team beschlossen, wir nutzen alles was an Angeboten bei vielbunt da ist und wenn wir sehen, da fehlt noch was, dann versuchen wir das umzusetzen. Andrea bietet z.B. das bunte-Frauen*-Wandern zusätzlich in der AG Sport & Bewegung an . Es gibt das „Queer Musik“ -Projekt für alle von Beate und wir haben in der AG Kultur Community eine Unterarbeitsgruppe Sichtbarkeit*en gegründet, da wir gemerkt haben, dass es hier um mehr geht als nur um „lesbische Sichtbarkeiten“. Der vielbunt–Kalender erzählt viel. Wir haben noch einiges geplant, und wer mitmachen will, kann sich gerne bei mir melden und einbringen.
Alexander:vielbunt ist eine große Gemeinschaft. Es ist kein schwules und auch kein lesbisches Ding. Und so soll es auch bleiben. Es kann sich jeder Mensch einbringen.
Heidi: Es wird auch überregional so gesehen. Wir bekommen oft Anerkennung, dass wir als queerer Verein so gewachsen sind. Homo, lesbisch, bi oder trans – egal. Dass etwas zusammen entsteht, das ist wichtig.
Letztes Jahr kam als Wunsch aus der Mitgliederversammlung, dass etwas für „Lesbische Sichtbarkeit“ entstehen soll. Aus dem “Ladies-Talk Projekt” heraus, was wir dann gestartet haben, haben wir ganz schnell gemerkt, dass es mehr ist, was zwischen dem Sternchen * und dem was wir versucht haben zu beschreiben, nämlich alles was sich unter dem weiblichen bzw. lesbischen Spektrum wohl fühlt und sich austauscht, einfindet. Und das auf eine sehr gute Art. Das ist bei anderen Communitys gerade das Problem. Wir haben einen Dialograum in einer Blase geschaffen, und die daraus entstandenen Gedanken zu weiteren Ideen umgeformt, die wir nächstes Jahr unter anderem mit Violetta und vielen anderen umsetzen wollen.
Ich habe das in Hanau erlebt, wo der dortige Verein keine basisdemokratische Strukturen wie vielbunt hatte, wo die Geschlechter sich abgrenzten und am Ende alles auseinanderdriftete. Die queere Gemeinschaft gab es von da an nicht mehr.
Heidi: Die vielbunt-Gemeinschaft wird auch als solche von außen so gesehen. Wir sind eine zusammenhängende Einheit. Und das ist auch für mich ganz wichtig, diesen Gemeinschaftssinn in vielbunt zu erhalten. Ich will, dass sich etwas verändert, also muss ich auch etwas dafür tun, und mich nicht abkapseln und dann noch erwarten, dass man etwas für mich tut. Das wird man bei vielbunt nicht antreffen. Und ich hoffe, es wird noch lange so bleiben.
Danke Alexander, danke Heidi. Wir sind am Ende unserer Plauderrunde angekommen. Ich danke euch nicht nur für eure Zeit, die Bereitschaft euch den Fragen zu stellen, auch dafür das es euch und die queere Gemeinschaft vielbunt gibt und ihr gemeinsam den Begriff „QUEER“ einen überaus positiven Anstrich gegeben habt.
Homepage: vielbunt
Interview: Anika F.
Fotos: Maja
Weiterführende Links:
10 Jahre CSD Darmstadt: Wir kämpfen. Wir feiern. Zusammen.
vielbunt – Queere Community Darmstadt
Bildernachweis: vielbunt, Hessischer Jugendring, Pixabay
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